Mondnacht - eine Interpretation

Veröffentlicht auf von Tom

Ich habe eben überlegt, was ich noch so bloggen könnte. Dabei ist mir eingefallen, dass ich hin und wieder aus verschiedenen Anlässen längere Texte schreiben, die selten wirklich gewürdigt werden. Meist handelt es sich dabei um Satiren oder kritische, schriftliche Auseinandersetzungen mit einem Thema.

Ich habe eine neue Kategorie für diese Texte angelgegt, in dieser sind Kommentare, also eure Meinung strengstens erwünscht. Wenn möglich von jedem.

 

Ein solcher Text ist auch der folgende. Zum Hintergrund:

Wir haben im Deutschunterricht Gedichte interpretiert. Die Lehrkraft, die ich damals hatte, war sehr "streng", sie hat nur ihre eine Interpretation als die Richtige angesehen. Auf die ist natürlich fast keiner gekommen.

In einer Stunde sollten wir dann das Gedicht "Mondnacht" von Joseph v. Eichendorff grob in Stichpunkten interpretieren und diese Zuhause ausarbeiten.

Warum auch immer herrschte bei meinen Sitznachbarn und mir eine sehr erheiterte Stimmung, aus der, sagen wir etwas abwegige Gedanken resultierten. Die Ergebnisse findet ihr in folgendem Text, der aus meiner Feder stammt.

Zunächst jedoch für die, die es nicht auswendig könnem, das Gedicht:

 

 

    Joseph von Eichendorff

    Mondnacht (1837)

 

    1. Es war, als hätt der Himmel
    2. Die Erde still geküßt,
    3. Daß sie im Blütenschimmer
    4. Von ihm nun träumen müßt.

    5. Die Luft ging durch die Felder,
    6. Die Ähren wogten sacht,
    7. Es rauschten leis die Wälder,
    8. So sternklar war die Nacht.
   
    9. Und meine Seele spannte
    10. Weit ihre Flügel aus,
    11. Flog durch die stillen Lande,
    12. Als flöge sie nach Haus.

 

 

 

Mondnacht– Joseph von Eichendorff

Satirische Interpretation von Sebastian Starck

 

In dem Gedicht „Mondnacht“, das 1837 von Joseph von Eichendorff geschrieben wurde, geht es um die ferne Zukunft, welche die totale Apokalypse anderer Welten beinhaltet. Eichendorff verarbeitet hierin seine Erlebnisse aus dem Befreiungskrieg gegen Napoleon, in dem er wahnsinnig wurde und den Rest der Welt und des Universums ebenfalls „befreien“ wollte, wobei die Wörter „zerstören“ oder „unterjochen“ hier wohl besser passen würden. Zu der übertriebenen Dramatik, die in diesem Gedicht dargestellt wird, trägt ebenfalls bei, dass Eichendorff schwer an Magenkrebs litt.

Zum allgemeinen Inhalt des Gedichtes ist noch zu sagen, dass Eichendorff sowohl in den Ansichten der Antike, bis hin zu den Galliern sehr gut unterrichtet war, aber auch eine lebhafte Fantasie und damit sehr viele Zukunftsvisionen hatte. Um die Schmerzen seines Magenkrebses auszuhalten, war er gezwungen, Schmerzmittel zu nehmen, das damals noch Heroin war, welches auch seine Nebenwirkungen voll entfalten konnte.

Die Problematik dabei ist, dass Eichendorff mit seinen Gedanken seiner Zeit sehr weit voraus war und diese teilweise heute noch absurd wirken. Aufgrund seiner überragenden Fähigkeiten, was Dichtung anbelangt, gelang es ihm aber, seine Gedichte so zu schreiben, das diese meist als Werke angesehen werden, die wirklich in seine Zeit, also die Epoche der Romantik, passen.

Im Folgenden soll im Ansatz versucht werden, den eigentlichen Sinn des Gedichtes zu erfassen.

 

Das Gedicht besteht aus drei Strophen á vier Verse. Jede Strophe hat dabei ihren eigenen Inhalt, wobei alle gemeinsam die Zerstörung des gesamten Universums beinhalten. In der ersten Strophe stellt der Dichter seine Fantasien dem Leser vor, in der zweiten führt er sie genauer aus und deutet auf die Existenz von Raumschiffen hin, woran man wiederum erkennt, wie weit er seiner Zeit voraus war. In der dritten Strophe wird das Reisen mit diesen neuartigen Raumschiffen beschrieben.

Im Verlauf des Gedichts stellt sich eine klare Zukunftsvision Eichendorffs heraus. Er sieht alle Bewohner des Planeten Erde in einer Nation zusammenarbeiten und diese Krieg gegen andere Sternensysteme, die im Folgenden der Einfachheit halber „Feinde“ genannt werden, führen. Dabei ist dieses Volk der Zukunft größenwahnsinnig geworden und zerstört alle Sterne und Planeten außer der Erde, ihren Mond und die Sonne, da diese lebensnotwendig sind. Dabei ist das Volk der Ansicht, dass man diese Sterne dadurch befreie. Hiermit distanziere ich mich als Interpret von dieser Ansicht.

 

Die ersten zwei Verse der ersten Strophe sind eine Anspielung auf das Weltuntergangszenario der Gallier, welches besagt, dass der Himmel ihnen beim Weltuntergang auf den Kopf fällt. Eichendorff wusste natürlich nicht, wie genau dies in der Vorstellung der Gallier ablaufen sollte, darum, und weil es besser in die Romantik passt, lässt er in seinem Gedicht den Himmel die Erde „still küssen“. Hierbei wird die Zerstörung des eigenen Planeten aus der Sicht eines Feindes Eichendorffs beschrieben.

In Vers drei zeigt Eichendorff erstmals seine sehr zukunftsorientierten Fantasien auf. Der von ihm genannte „Blütenschimmer“ steht für das, was nach der Zerstörung eines Sternes mit den Waffen der Zukunft zurück bleibt. Auch in der heutigen Zeit kann man nicht sagen, was diese Waffen der Zukunft sein werden. Dass Eichendorffs Vorstellungen dieser unklar bleiben, mag an seiner durch den Drogenkonsum beeinflussten Vorstellungskraft liegen. Mit dem „Blütenschimmer“ spielt er auf eine bekannte Himmelserscheinung, die sogenannten „Roten Riesen“ an. Rote Riesen sind Sterne von großer Ausdehnung, etwa vom einhundert fachen Sonnenradius. Wenn Sterne explodieren, bleiben in manchen Fällen solche rote Riesen zurück. Möglicherweise führen die Waffen eben dies herbei. Als „Blütenschimmer“ werden diese dargestellt, weil es die zerstörten Sterne der Feinde sind, also, wie Blüten auch, etwas Positives. Diese schimmern - wie auch die Roten Riesen noch eine geringe Leuchtkraft besitzen.

Von diesen Überbleibseln der Feindessterne träumt die Erde in dem Gedicht. Hierbei steht die Erde stellvertretend für das auf ihr lebende Volk der Menschen, die auf dem ganzen Planeten an einem Strang ziehen. Hier lässt sich auf die – bereits erwähnte – Zukunftsvision Eichendorffs schließen.

 

In der zweiten Strophe führt der Dichter Raumschiffe ein, seine Vorstellungen bleiben aber sehr vage.

Hier fliegt ein Raumschiff sehr langsam und niedrig über einen Planeten, genauer über ein Weizenfeld. Der Fahrt- beziehungsweise Flugwind von diesem sorgt dafür, dass sich die Ähren auf den Feldern bewegen. In der nächsten Zeile geht es um die Geräuschentwicklung der Raumschiffe der Zukunft, die Eichendorff zwar als vorhanden, aber sehr moderat darstellt. Sie sollen so leise sein wie das Rauschen der Blätter im Wald.

Der nächste Vers ist meiner Ansicht nach genial. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als spiele er einfach auf eine sternenklare Nacht an. Es gibt aber für diesen Vers mehrere Interpretationsmöglichkeiten.

Die erste ist, dass wirklich eine sternenklare Nacht gemeint ist, wobei der Grund dafür zunächst verborgen bleibt. Der Dichter geht davon aus, dass die Raumschiffe noch Wasserstoff als Energieträger benötigen und dafür sämtlichen Wasserstoff aus der Atmosphäre herausgezogen haben, sogar den aus dem Wasser in den Wolken. Hierbei zeigen sich Eichendorffs fundierte Kenntnisse der Chemie.

Auch denkbar wäre, dass das Wort „sternenklar“ in der Bedeutung verändert wurde und man es besser durch „klar“ bzw. „frei von Sternen“ ersetzen würde, der Zustand, in dem sich der Himmel nach der Verwirklichung von Eichendorffs Fantasien befindet, nämlich, dass überhaupt keine Sterne, außer der lebensnotwendigen Sonne vorhanden sind.

 

In der letzten Strophe beschreibt der Dichter das Reisen in den neuartigen Raumschiffen.

Meine Seele“ steht dabei wohl für das Raumschiff des Piloten, entweder weil diese mit dem Piloten quasi ein Herz und eine Seele sind, also durch Gedankenkraft gesteuert werden, möglicherweise mit einer Technologie ähnlich der im Film „Avatar“ beschriebenen. Denkbar wäre auch, dass das Raumschiff ganz einfach auf den Namen „Meine Seele“ getauft wurde, oder dass „Seele“ die Bezeichnung dieser Art von Raumschiffen ist, wobei das „mein“ wiederum die Zugehörigkeit zum Piloten ausdrückt.

Das Ausspannen von Flügeln steht für das Startmanöver, welches absichtlich altertümlich dargestellt wird, so alle wäre der Dichter empört darüber, dass solche Manöver in dieser auch für uns noch fernen Zukunft überhaupt noch notwendig sind.

Im nächsten Vers scheint das Wort „flog“ die Leser zunächst zu verwirren, da der Eindruck entsteht, die Rauschiffe dieser Zeit hätten es noch nötig zu fliegen. Tatsächlich ist auch dieses Wort absichtlich vom Dichter so gewählt – wohl um seine wirren Fantasien zu verschleiern. Die stillen Lande, durch die sich das Raumschiff bewegt, stellen das Gebiet dar, in dem bereits alle Sterne zerstört wurden.

Im letzten Vers werden einige Rätsel gelöst, andere erst gestellt. Die Form „flöge“ ist so gewählt, um jetzt doch deutlich zu machen, dass das Raumschiff sich nicht im eigentlichen Sinne fliegend fortbewegt, sondern sich wahrscheinlich eher mit einer dem Teleportieren ähnlichen Fortbewegungsart bewegt.

Mit dem Ziel des Schiffes, dem Zuhause, stellt sich die Frage, wo dieses Zuhause sein soll. Vermutlich ist damit der Planet Erde gemeint, der als einziger vor der Zerstörung bewahrt wurde.

 

Das Gedicht „Mondnacht“ stellt die Fantasien Eichendorffs sehr gut da, auch wenn man etwas überlegen muss, um die eigentliche Bedeutung zu verstehen. Fest steht, dass Eichendorff seiner Zeit sehr, sehr weit voraus war, da selbst für uns als Menschen des 21. Jahrhunderts einiges unklar bleibt.

Auch heute noch ist es für uns Menschen als Bewohner des Planeten Erde undenkbar, dass sich alle Staaten auf der Erde zu einem großen Zusammenschließen und in Frieden zusammenleben. Das diese Nation sich dann noch entschließen soll, andere Planeten zu bekriegen, scheint absurd, aber vielleicht ist Eichendorffs Vision auch unserer Zeit voraus.

 

Veröffentlicht in Besonderes

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D
<br /> Alter Falter!<br /> Das nenne ich mal ne Interprätation.<br /> Ich kenne das Gedicht auch und wähle eher die romantische Version einer Interprätation aber das liegt wohl daran, dass ich eine Frau bin... Ihr Männer habt es da dann etwas leichter, ins Technische<br /> abzudriften ;-) Quasi analog zu:<br /> "Die Sterne funkeln nicht. Das wäre ja verrückt, wenn das so<br /> wäre! Es sieht vielleicht so aus, doch es bricht sich nur das Licht in den Schichten oben in der Atmosphäre."<br /> Allerliebste Herbstgrüße...<br /> <br /> <br />
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